Barium muriaticum

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ZENTRALE BEGRIFFE


Barium muriaticum, salzsaurer Baryt, Bariumchlorid, BaCl2 2H2O
Die fotographische Darstellung der Substanz zeigt die für Barium typische Grünfärbung der Flamme. Die orange-rote Flamme des angeglühten Magnesiumoxid-Stäbchens entsteht durch die Verunreinigung mit Natriumsalz, (z.B. durch Hautkontakt). Das Anglühen eliminiert diese und lässt das Bariumsalz besser am Stäbchen haften.

Worauf richtet sich der Fokus der inneren Aufmerksamkeit?
Das Thema Bewegung ist für Barium muriaticum von zentraler Bedeutung. Jede geistige oder körperliche Aktivität, die man ihm abverlangt, kann ihn krank machen. Interesse bringt er nur für Dinge auf, für die er sich nicht anstrengen muss.



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Die Themenliste umfasst eine inhaltlich gruppierte Sammlung von Original Prüfungssymptomen

Wie zeigt sich das Leiden des Patienten? (Sekundäre Psora)

Wie kompensiert er sein Leiden? (Egotrophie, Egolyse, Alterolyse)

Wie lautet die eigentliche Hypothese „nach Masi“? (Primäre Psora)

Hier finden Sie spannende Interpretationen von einzelnen Themen oder Symptomen






THEMENLISTE


1. Auf den Knien gehen
Bei Gefühl von Beängstigung der Wahn, ohne Unterschenkel auf den Knien zu gehen, während die Umgebungen ebenfalls in einer anderen Beschaffenheit als gewöhnlich erscheinen. NT 4.6

2. Umgebung verändert
Die Umgebung scheint verändert. He 1.1
Bei Gefühl von Beängstigung der Wahn, ohne Unterschenkel auf den Knien zu gehen, während die Umgebungen ebenfalls in einer anderen Beschaffenheit als gewöhnlich erscheinen. NT 6

3. Sexuelle Manie
Bei Manie jeder Art, sobald das sexuelle Verlangen verstärkt ist. He 1.4
Nymphomanie. He 23.4

4. Angst
Angst. St 237
Kleinmuth und Ängstlichkeit. CK 18
Angstanfälle mit Luftmangel, so dass er auf dem Boden herumrollt. Epilepsie He 1.9
Während einer Angstattacke sagt sie mit schwacher, heiserer Stimme, dass sie sterben müsse. He 1.11

5. Angst mit Körpersymptomen
Heftige Angst mit Brechwürgen. St 236
Bei grosser Angst, Magendrücken und Übelkeit. St 238
Starkes Erbrechen mit Ängstlichkeit. St 86
Beklemmung. St 153
Engbrüstigkeit. St 155
Grosse innere Angst, die ihn zusammenkrümmt. A 2*
Blasses Gesicht mit ängstlichem Ausdruck. A 14*
Grosse Angst mit Magendrücken, Übelkeit und Würgen; muss sich zusammenkrümmen. He 1.8

6. Schreckhaftigkeit. NT 4.3

7. Niedergeschlagenheit und Menschenscheu CK 2

8. Nicht aktive Kinder
Unlust zu Spielen bei Kindern. CK 21
Zerstreutheit, die Kinder sitzen in den Winkeln, tun nichts und antworten verkehrt. NT 4.4

9. Intellekt
Unaufmerksamkeit des Kindes beim Lernen. CK 31
Zerstreutheit, die Kinder sitzen in den Winkeln, tun nichts und antworten verkehrt. NT 4.4
Der Kopf ist angegriffen. St 7
Idiotie. He 1.3

10. Schwindel, was er sah, drehte sich herum. St 2

11. Schwäche, Schwere
So schwer im Kopfe, dass er nicht aufdauern konnte. St 8
So schwer im Körper, dass er nicht aufdauern konnte; wie Kraftlosigkeit. St 207
Erschlaffung der Muskeln des Körpers und Sinken der Kräfte, dass er kaum zu kriechen und ein Glied zu rühren im Stande war. St 208
Äusserste Erschlaffung der Gliedermuskeln. A 80*
Hände und Füsse gelähmt. A 82*
Die Gliedmassen kalt, gelähmt. St 209
Unbeweglichkeit des Körpers. St 210
Allgemeine zweitägige Lähmung. St 211
Schwache Stimme A 69*
Schwäche. A 91*

12. Sinnesorgane
Die Augen werden ganz steif, er konnte sie nicht bewegen. St 40
Linkes Augenlid gelähmt. A 12
Lichtscheu, das Kind liegt die ganze Zeit auf dem Gesicht. He 5.1
Pupillen erweitert und unbeweglich. He 5.2
Taubheit. A 13
Zahlreiche Ohrenschmerzen. He 6.2 ff.
Ohrenschmerzen rechts; < Liegen auf der schmerzhaften Seite; > beim Nippen von kaltem Wasser. He 6.3
Katarrh von Augen, Ohren und Nase. A 10 *

13. Mundgeruch, Geschmack
Stinkender Mundgeruch, wie von Quecksilber. St 60
Fauliger Geschmack im Munde; auch die Speisen schmecken faulig. St 67

14. Ernährung, Verdauung
Wackeln der Zähne. St 56
Mund und Zunge trocken. A 21*
Schlucken schwierig. A 27
Verlangen nach trockenem Weizenbrot. He 14.3
Ekel. St 81
Reichliches und unaufhörliches, fruchtloses, quälendes Brechwürgen; kann nicht liegen. A 33*
Magendrücken. St 101
Wärme im Magen erstreckt sich zur Brust und zum Kopf. A 44*
Anhaltende Bauchschmerzen. A 49*
Brennende Schmerzen im Unterleibe. St 116
Heftiges Brennen im Abdomen. A 51*
Leichte Kolik. A 52*
Schmerzhafte Diarrhö. A 56*
St 61, 71, 82, 83, 102, 115, A 31*, 43*, 53

15. Drüsen
Verstärkte Drüsenabsonderungen. A 101*
Speicheldrüsen-Geschwulst. St 58
Parotis der rechten Seite geschwollen, mit Schwellung der Unterkiefer- und Nackendrüsen. He 6.11
Der Speichel rinnt bei jedem Anfall in grossen Mengen aus dem Mund. Pankreasver-härtung. He 12.3
Der ganze Nacken und Hals voll geschwollener harter Drüsen, Eigrösse. He 31.3,5
Angina tonsillaris. He 13.7-12
Inguinaldrüsen geschwollen und schmerzhaft. He 19.12
Hodenschwellungen. He 22.4-6
Verhärtung, Tumor oder Atrophie der Ovarien. He 23.3

16. Vermehrte Absonderungen
Verstärkte Drüsenabsonderungen. A 101*
Starker Speichelfluss. St 65
Sechsstündiges Erbrechen in kleinen Portionen einer ekelhaft aussehenden und schmeckenden Materie. St 84
Früherbrechen. St 85
Neigung zum Erbrechen. St 87
Heftiges Erbrechen einer schleimigen, wässrigen Flüssigkeit. A 36
Erbrechen von allem, was zu sich genommen wurde, mit fadenziehendem Schleim. A 37*
Erbrechen und Bauchschmerzen. A 41*
Starker Durchfall, ohne Leibweh. St 132
Immerwährendes Harnen. St 136
Unwillkürliches Harnen. St 137
Vermehrter Trieb zum Harnen. St 140
Öftere nächtliche Pollutionen. St 143
Erregt die Monatsreinigung. St 148
Verstärkte Ausdünstung. St 235
St 130, 131, A 35, 54*, 55, 58, 65*, 111, He 12.3, 4

17. Beschaffenheit der Absonderungen
Stuhlgang mit Schleim überzogen. St 128
Stuhlgang grünlich und gehackt. St 129
Harnfluss, der Harn hat weissen Bodensatz. St 139
Absonderung aus beiden Ohren riecht nach faulem Käse. He 6.5
Fauliger Geschmack im Munde; auch die Speisen schmecken faulig. St 67
Stühle von geleeartigem Aussehen, mit Blut, keine Schmerzen, Entleerung alle fünfzehn oder zwanzig Minuten. He 20.3
Stuhlgang nur nach Einläufen, Stuhl weiss und hart wie Steine. He 20.11
Stinkende Absonderungen vgl. He Urin, Stuhl, Eiter

18. Stechen, Wundheit
Zahnweh, erst fein stechend, dann (zuckend) klopfend nach dem Takte des Pulses, vorzüglich nach dem Schlafe und nach Mitternacht, welches zum Aufsitzen im Bette nöthigt, sich aber weder durch Befühlen, noch im Beissen, noch durch kaltes Wasser vermehrt oder vermindert. St 55
An der Seite der Nasenspitze ein breiter, rother Knoten von etwas beissiger, kitzelnder Wundheitsempfindung, mit kleinen feinen Stichen beim Berühren und Reiben, doch ohne dass diese Empfindung zum Kratzen nöthigt. St 51

19. Ziehen, Zucken, Krampf
Empfindliches Ziehen in den Gesichtsmuskeln. St 48
Zahnweh, erst fein stechend, dann (zuckend) klopfend nach dem Takte des Pulses, vorzüglich nach dem Schlafe und nach Mitternacht, welches zum Aufsitzen im Bette nöthigt, sich aber weder durch Befühlen, noch im Beissen, noch durch kaltes Wasser vermehrt oder vermindert. St 55
Krampf im Magen. St 103
Unschmerzhafte Zuckungen im Arme, vorzüglich Nachts. St 168
Krämpfe in den Zehen. St 191
Spannung in den Schenkeln. St 192
Gliederzittern – Ohnmacht – Zuckungen. St 212
Zucken in Händen und Füssen. A 79*
A 16*, 86*, 87, 88

20. Schwellung
Speicheldrüsen-Geschwulst. St 58
Gaumengeschwulst. St 59
Geschwulst der Hände und Füsse. St 197
Schwellung des Abdomens. He 19.4-8
Inguinaldrüsen geschwollen und schmerzhaft. He 19.12
Parotis der rechten Seite geschwollen, mit Schwellung der Unterkiefer- und Nackendrüsen. He 6.11

21. Hautausschläge
Krätzartiger Ausschlag am Kopfe und Halse. St 32
Eine Art Grindkopf; ein sehr eiternder Ausschlag des Haarkopfs. St 33
Juckender Hautausschlag im Nacken. St 34
Beissender Schmerz in der Haut. St 201
Im Unterleibe und den Oberschenkeln ein grindiger Ausschlag. St 202
In hautlosen Stellen Reissen und Brennen. St 204
Haut entzündet. A 94*

22. Hitze und Kälte
Äussere Kälte. A 104*
Eiskalte Extremitäten. A 105*
Hitzempfindung auf dem Rücken. St 232
Tertianfieber. St 234
Fieber mit Durst. A 109*
Rotes Gesicht. A 14
Trockne Hitze des ganzen Körpers, über Tag und Nacht. St 233
In dem Moment, als sie die Lösung schluckte, rief sie aus, dass sie brenne; Erbrechen, Konvulsionen, Kopfschmerzen und vollständige Taubheit kamen hinzu; der Tod ereilte sie innerhalb einer Stunde. A 1, Band 10 S. 373*
St 116, 152, A 44, 51


MIASMATISCHE DYNAMIK — SEKUNDÄRE PSORA


In dieser Phase leidet Barium muriaticum unter seiner fehlenden Aktivität, es fehlt ihm an Lebensmut und Durchsetzungsvermögen. Nirgends im Leben kann er sich behaupten. Schwierigkeiten überwältigen ihn. Andere Menschen scheinen ihm grundsätzlich stärker zu sein. Er kann seine Umgebung nicht richtig einschätzen Th 2. Er vermittelt uns innerlich oder äusserlich das Bild eines schlaffen Th 11, wehrlosen, ängstlich zusammengekrümmten Geschöpfs Th 4, 5. Sein Entwicklungsstadium ist oft nicht dem eigentlichen Alter entsprechend, er hat etwas Zurückgebliebenes Th 9. Seine Stimme ist kraftlos Th 11, sein Bericht unstrukturiert.
Kinder sind extrem passiv. Sie lassen sich irgendwo hinsetzen und rühren sich dann nicht mehr oder sie rollen wie in einem frühkindlichen Stadium auf dem Boden umher. Wenn man sie anspricht, antworten sie gar nicht oder aber etwas Unpassendes Th 8, 11.
Seinen körperlichen Beschwerden steht dieser Mensch hilflos gegenüber, sie ängstigen ihn über Gebühr, selbst kleine Beeinträchtigungen scheinen ihm gleich die Füsse wegzuziehen Th 1, 5.

MIASMATISCHE DYNAMIK — TERTIÄRE PSORA


Egotrophie
Eine Möglichkeit, seine Vollkommenheitsvorstellung zu realisieren, besteht für Barium muriaticum in der sexuellen Vereinigung Th 3. Auch dort wird er zwar nicht besonders aktiv sein wollen, aber die Möglichkeit, als Erwachsener einen Moment der Geborgenheit und Vereinigung zu erleben, erscheint ihm durchaus angenehm. Eine ideale Partnerschaft stellt er sich so vor, dass er rundherum versorgt und bedient wird und sich selbst für nichts mehr anzustrengen braucht. Denkbar ist auch, dass erwachsene Kinder aus dem gleichen Symbiose-Wunsch heraus bei den Eltern leben.
In der Kompensation seines Verlust-Erlebnisses kann Barium muriaticum sich um Wachheit bemühen. Dass seine Augen erweiterte Pupillen haben und er starr in die Welt sieht Th 12, könnte darauf hindeuten.
Den Verlust im Bereich der Bewegungsautonomie wird er kaum auf aktive Weise kompensieren, sondern vielleicht, indem er sich von einem Trainingsgerät passiv bewegen und massieren lässt.

Egolyse
Die Neigung zu Passivität und Symbiose kann in eine selbstzerstörerische Richtung führen. Zum Beispiel ist eine echte Fettsucht vorstellbar, die diesen Menschen daran hindert, überhaupt noch mit der Welt und dem Leben zurecht zu kommen.
Auch geistige Beschränktheit ist denkbar Th 9, er begreift dann gar nicht mehr, um was es geht, er kann mit den Dingen nicht mehr in eine reale Beziehung treten, hat an nichts mehr Interesse Th 8. Depressiv und misstrauisch zieht er sich in sein Inneres zurück Th 7. Er wird extrem schwach Th 11.

Alterolyse
Wenn Barium muriaticum die Umwelt für sein Leiden verantwortlich macht, wirft er den anderen Menschen vor, sich nicht genug um ihn zu kümmern. Er beschuldigt sie, sich ihm entfremdet zu haben Th 2. Kinder können dickköpfig erscheinen und hartnäckigen Widerstand leisten, wenn man sie zur Aktivität bewegen will Th 9.

LEITMOTIV — PRIMÄRE PSORA


Welche „Conditio humana“ lehnt er ab? Wo wünscht er sich Vollkommenheit?
Bei Barium muriaticum besteht eine Verweigerung im Bereich der Aktivität Th 8. Er lehnt es ab, sich mit der Welt auseinanderzusetzen und sich dadurch zu entfalten Th 9. Er erkennt die Aufgabe der Er-Fahrung nicht an. Bereits autonome Körperbewegungen wie das Aufrichten Th 4, 5, 11 oder das Gehen Th 1 scheinen ihm unangemessen.
Stattdessen möchte er in der Symbiose einer frühen Entwicklungsstufe verharren, vielleicht sogar in einem embryonalen Zustand. Ohne eigene körperliche und geistige Bewegung, ohne Aktivität möchte er sich geborgen und versorgt wissen.

Wo erlebt er deshalb ein Nichtgenügen, einen Verlust?
Ohne Bewegung ist es nicht möglich, sich in der Welt zurechtzufinden oder sich durchzusetzen. Deshalb erlebt sich Barium muriaticum den Anforderungen des Lebens gegenüber wehrlos.
Er verliert die Vertrautheit mit der Umgebung und deren korrekte Einschätzung Th 2. Er liegt auf dem Gesicht und kann sich nicht mehr nach dem Licht orientieren. Seine Augen werden ganz steif, er kann sie nicht bewegen Th 12.
Die Wahnvorstellung, ohne Unterschenkel auf den Knien zu gehen Th 1, illustriert treffend, welchen Verlust er im Bereich der Bewegungsautonomie erlebt.
Was er ablehnt, verliert er konkret auf körperlicher Ebene: Er kann nicht aufdauern [aufbleiben], er ist kaum imstande zu kriechen oder ein Glied zu rühren, der Körper wird unbeweglich, die Gliedmassen sind kalt und gelähmt Th 11. Kinder sitzen herum und tun nichts Th 8.

Was empfindet er infolge der Ablehnung als Bedrohung oder als Strafe?
In seinem amorphen, wenig entwickelten Zustand leidet Barium muriaticum unter zahlreichen Ängsten Th 4. Er ist geplagt von einer allgemeinen Schreckhaftigkeit Th 6, ist kleinmütig und menschenscheu Th 4, 7. Seine Beschwerden erregen heftige Angst, die ihn förmlich zusammenkrümmt Th 5, oder er glaubt, vor lauter Angst sterben zu müssen Th 4.

Wie könnte sich ein bewusster Umgang mit der Grundproblematik darstellen?
Obwohl Barium muriaticum kaum je ein aktiver Bewegungsmensch sein wird, kann er sich doch bewusst werden, dass er eine gewisse Anstrengung leisten muss, um auf die Welt zuzugehen. Dies ermöglicht ihm, aus seiner Isolation herauszutreten und das Problem der Bewegungslosigkeit in eine geduldige, stete Präsenz umzuwandeln.

INTERPRETATION einzelner Themen oder Symptome


Wir können mit Barium muriaticum das Bild eines wehrlosen, nackten Wurms assoziieren. Dies nährt sich aus verschiedenen Symptomen:
Seine Wahnidee, ohne Unterschenkel auf den Knien zu gehen Th 1, legt die Idee von etwas Beinlosem oder einem Geschöpf mit nur rudimentären Extremitäten nahe. Hände und Füsse sind kalt und wie gelähmt Th 11. Er rollt auf dem Boden umher Th 4, die Angst krümmt ihn zusammen Th 5, er kann nicht aufdauern, vor lauter Erschlaffung kann er kaum kriechen Th 11. Er liegt auf dem Gesicht Th 12. Er wirkt aufgedunsen und geschwollen Th 20 und ist von konvulsivischen, unkontrollierten Zuckungen befallen Th 19.

Weil er selbst so unbeweglich ist, kippen seine Körperfunktionen leicht in etwas Ungesundes, Verwesendes: Er hat faulige Absonderungen aus den Ohren Th 17 und einen fauligen Geschmack im Mund Th 13. Insgesamt ist er so spannungslos, dass ihm die Absonderungen nur so davonlaufen: Speichel, Erbrechen, Stuhl, Urin, Pollutionen, Menses, Schweiss Th 16. Er ist überzogen von krätzartigen, grindigen Ausschlägen Th 21.

Alles was er sah, drehte sich herum Th 10
Obwohl es sich hierbei um ein äusserst gewöhnliches Symptom handelt, zeigt es doch, dass Barium muriaticum die Welt auch aus einer Art "Wurmperspektive" wahrnimmt. Synonyme zu drehen sind nämlich unter anderem: winden, spulen, verflechten, verknoten, ringeln, schlängeln DtW.

Die Augen werden ganz steif, er konnte sie nicht bewegen Th 12
Starre Augen sind Fischen und Reptilien eigen. Sie entsprechen daher einem frühen Entwicklungsstadium in der Evolution. Die angestrebte Vollkommenheitsvorstellung – hier das Verharrenwollen in einem symbiotischen, unentwickelten Zustand – zeigt sich einmal mehr parodierend auf körperlicher Ebene.

Nahrungsaufnahme Th 13,14 bedeutet immer auch Einverleibung von Welt, deshalb hat Barium muriaticum mit diesem Bereich grosse Schwierigkeiten: Das Essen kann ihn kaum aus seinem passiven Dasein herauslocken, es scheint faulig, erregt Ekel und Übelkeit. Wenn er die Nahrungsaufnahme trotz wackelnder Zähne und Schluckbeschwerden geschafft hat, liegt ihm nachher alles schwer auf, es verursacht Brennen im Magen und Bauchschmerzen.

Drüsen Th 15
Die Drüsen haben zu tun mit der Anpassungsleistung des menschlichen Körpers an Umweltanforderungen. Dass sie bei Barium muriaticum insgesamt vergrössert und hyperaktiv sind (Nacken und Hals voll geschwollener Drüsen von Eigrösse), könnte auf einen Kompensationsversuch des Körpers hinweisen: Was dieser Mensch mental an Aktivität und gezielter Auseinandersetzung ablehnt, führt ihm sein Körper in übersteigerter Form vor.

Im gleichen Zusammenhang lässt sich das Symptom Stuhl weiss und hart wie Steine Th 24 verstehen. Der weisse Stuhl deutet auf fehlendes Sterkobilin und damit auf eine Dysfunktion von Leber und Galle hin.
Synonyme zu hart sind u.a. unberührt, unbeweglich, abgestumpft.
Weiss ist die Farbe der Unschuld LdtS und steht damit ebenfalls für Unberührbarkeit.

Verlangen nach trockenem Weizenbrot Th 14
Trockenes Brot ist das erste, was einem Säugling gereicht wird, wenn er Zähne bekommt, welche auch als Werkzeug des Durchsetzungsvermögens angesehen werden können. Barium muriaticum scheint genau an diesem Entwicklungspunkt gescheitert zu sein.
Denkbar ist auch, dass er mit einer "Hostie" Spiritualität konsumieren möchte, statt sie in einem langen Lebensweg und täglicher Auseinandersetzung selber erringen zu müssen.

DIFFERENTIALDIAGNOSE


Barium muriaticum lehnt einen sehr frühen menschlichen Entwicklungsschritt ab, nämlich die autonome Bewegung. Dadurch verliert er die Möglichkeit, sich mit der Welt angemessen auseinanderzusetzen. Auf irgendeine Weise zeigt er sich uns als wenig entwickeltes, hilfloses Geschöpf.

Barium aceticum geht einen Schritt weiter. Seine Ablehnung betrifft die Vernunft in der Handlung. Wenn wir uns das Kleinkind vorstellen, das unüberlegt drauflos werkelt, ohne sich um die Konsequenzen seines Tuns Gedanken zu machen, haben wir ein Bild für diese Barium-Verbindung. Sein Verlust betrifft damit das zielgerichtete und geordnete Handeln, er versinkt im Chaos. MMH

Barium carbonicum lehnt die Vernunft beim Erkennen ab, er will keine innere Ordnung anwenden, um die zahlreichen Eindrücke des Lebens zu gewichten. Daher ist er verwirrt, alles purzelt ihm durcheinander, jede kleine, unbedeutende Einzelheit stürzt ihn in tiefe Verwirrung MMH.
Eine ausführlichere Differentialdiagnose der beiden letztgenannten Mittel findet sich im Kapitel Barium aceticum der "Materia Medica Homoeopathica - revidiert nach Dr. Alfonso Masi-Elizalde".

Carbo animalis lehnt es ebenfalls ab, einen aktiven Beitrag zu seiner Entwicklung zu leisten. Er möchte in der Bruthitze des Uterus verharren. Im Gegensatz zu Barium muriaticum scheint er aber ein Bewusstsein zu seinem Entwicklungsstand zu haben. Spirituelle Fragen sind ihm selbstverständlich. Er macht sich Gedanken über seine Zukunft, über sein Behaustsein in der Welt usw. Seine Gedanken sind zwar ebenfalls dumpf und an der Grenze zwischen Schlaf und Wachsein gefangen, aber er befindet sich damit eher in einem meditationsähnlichen Zustand. RMM

ZUR SUBSTANZ


Barium muriaticum, salzsaurer Baryt, Bariumchlorid, BaCl2 2H2O
Die fotographische Darstellung der Substanz zeigt die für Barium typische Grünfärbung der Flamme. Die orange-rote Flamme des angeglühten Magnesiumoxid-Stäbchens entsteht durch die Verunreinigung mit Natriumsalz, (z.B. durch Hautkontakt). Das Anglühen eliminiert diese und lässt das Bariumsalz besser am Stäbchen haften.

ANMERKUNGEN


Die Quellenlage ist für die Barium-Verbindungen etwas unklar, da Allen und Hering die Substanzen zum Teil nicht sorgfältig unterschieden haben.
So weist Allen z.B. den ersten Teil des Symptoms in Thema 1 nur Bar-c. zu, Hering zitiert ihn sowohl bei Bar-c. als auch bei Bar-m. Einzig bei Noak Trinks, welcher Bar-ac., Bar-c und Bar-m gesondert veröffentlichte, findet sich das Symptom ausschliesslich Bar-m zugehörig.
Gerade in den Repertorien sind deshalb in manchen Rubriken mehrere Barium-Verbindungen aufgeführt, obwohl ein Symptom ursprünglich nur von einer von ihnen stammte. Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf eine äusserst sorgfältig recherchierte Themenliste. Im Rahmen der Überarbeitung wurden die drei bisher publizierten Bariums erstmals nach Möglichkeit getrennt untersucht.

QUELLEN


Überarbeitung im Rahmen der Arzneimittelstudiengruppe Lörrach, September 2003.

St
A
He
NT
DtW
LdtS
MMH
RMM
Bild
Stapf, Archiv für die Homöopathische Heilkunst, Band 3/3, Leipzig 1824
Allen T.F., The Encyclopedia of pure Materia Medica, New Delhi 1988, Band 2. Die mit einem * bezeichneten Symptome stammen von stofflicher Vergiftung.
Hering Constantin, The Guiding Symptoms of our Materia Medica, New Delhi 1989, Band 2
Noack / Trinks, Handbuch der homöopathischen Arzneimittellehre, Band I, Nachdruck, Burgdorf 1984
Peltzer/von Normann, Das treffende Wort, Thun, 1993
Cooper, J.C., Illustriertes Lexikon der traditionellen Symbole, Wiesbaden 1986
Preis Stefan, Mattmann Peter, Weihe Christoph, Studer Susanne, Weiss Karl: Materia Medica Homoeopathica - revidiert nach Dr. Alfonso Masi-Elizalde, Luzern 1996/97
Studer Susanne, Ostermünchner Esther, Revidierte Materia Medica Homoeopathica Band 1, HIZ, Hägglingen 2002
Esther Ostermünchner