Calcium fluoricum

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ZENTRALE BEGRIFFE


Calcium Fluoricum, Flussspat

Möchte unwandelbar sein, sowohl seelisch als auch körperlich. Verknöcherung, Kalkablagerungen, Verhärtungen. Träumt, eine Frau in Stücke zu schneiden wie ein Tier zum Einsalzen: konservieren, bewahren, unwandelbar machen.
Fühlt sich bedroht durch Veränderung und Wandel, durch Verarmung, Krankheit, Tod. Die Zukunft erscheint düster.
Verlust der Handlungsfähigkeit, Unentschlossenheit. Kompensatorisch dazu Träume von neuen Szenen, Orten, Büchern usw. Körperkult, verbraucht seinen Körper schonungslos oder leugnet die Vergänglichkeit des Körpers.


Fokus der inneren Aufmerksamkeit
Calcium fluoricum ist stark mit der Zukunftssorge befasst. Da es Veränderung und Neuerung als ihm nicht gemäss ablehnt, erfährt es gerade in diesem Punkt Unsicherheit und Bedrohung. Die Zukunft erscheint ihm düster, von Krankheit, Tod und Verarmung bedrängt, es versucht daher, sich finanzielle Sicherheiten zu erarbeiten. Im zwischenmenschlichen Bereich wird es versuchen, jede Veränderung in Beziehungen auszuschalten, es wird ritualisiertes Verhalten an den Tag legen, um sich nicht durch Unvorhergesehenes bewegen lassen zu müssen.



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Die Themenliste umfasst eine inhaltlich gruppierte Sammlung von Original Prüfungssymptomen

Wie zeigt sich das Leiden des Patienten? (Sekundäre Psora)

Wie kompensiert er sein Leiden? (Egotrophie, Egolyse, Alterolyse)

Wie lautet die eigentliche Hypothese „nach Masi“? (Primäre Psora)

Hier finden Sie spannende Interpretationen von einzelnen Themen oder Symptomen

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THEMENLISTE


Hauptthemen

In der Symptomatik von Calcium fluoricum zeigt sich ganz wesentlich die Frage der Veränderung, des Wandels, das Problem von Zukunft und Vergangenheit. Die Zukunft erscheint insgesamt düster, alles Neue ist bedrohlich, Verarmung, Krankheit und Tod lauern gleichermassen. Es wird dieser Zukunft gegenüber unentschlossen, unternimmt nur noch erfolglose Versuche, Verschiedenes zu tun oder will — in einer Art Flucht nach vorne — aus dem Fenster. Die Vergangenheit ihrerseits holt es mit traurigen Erinnerungen an längst Verstorbene ein, wenn es einmal lacht, wird es danach heiser.
Ein weiterer Hauptthemenstrang dreht sich um die Frage der verhinderten Bewegung, Beschwerden beim Fahren kommen hier ebenso vor wie alle Verknöcherungen und Verhärtungen, die Atmung ist erschwert, die Sinne sind gestört.


1. Neigung, auf die dunkle Seite der Dinge zu blicken
Den ganzen Tag die ungewöhnliche Neigung, auf die dunkle Seite der Dinge zu blicken; mit starker Niedergeschlagenheit. Cl 1

2. Unentschlossenheit. Cl 2

3. Geld, Verarmung
Niedergeschlagenheit und Tendenz, dem Geld einen höheren Wert beizumessen als sonst (Geiz?) Cl 3
Ein Gefühl der Angst um Geldangelegenheiten; als würde es ihm fehlen oder als würde es bald finanziell mit ihm bergab gehen (ohne jeden Grund). Cl 4
Gedanken häufiger bei finanziellen Angelegenheiten als üblich. A 1

4. Eine Frau in Stücke schneiden
Träumte, eine Frau in Stücke zu schneiden, wie ein Tier zum Einsalzen. Die Details sehr genau, der Traum schien lang zu dauern. A 28, He 37.6

5. Will aus dem Fenster
Sprang im Traum aus dem Bett und versuchte aus dem Fenster zu gelangen, wodurch er erwachte. He 37.7

6. Erfolglose Versuche, Verschiedenes zu tun
Unerquicklicher Schlaf wegen unklarer Träume von erfolglosen Versuchen, Verschiedenes zu tun, hinterlässt beim Erwachen ein unangenehmes Gefühl. He 37.1

7. Träume von den Toten
Träume vom Tod seiner kleinen Tochter und von grossem Kummer und heftigem Weinen. A 27
Lebhafte Träume und Träume mit Weinen über eine seit sieben Jahren verstorbene Person. He 37.5
Lebhafte und klare Träume, auch natürlich und zusammenhängend; vom Tode eines Verwandten, löst viel Kummer und Weinen aus. He 37.4

8. Vor langer Zeit — niemals zuvor
Erwacht nachts durch Jucken des Anus von Madenwürmern, hat es seit der Kindheit nicht so heftig gespürt und auch sonst sehr selten. Cl 33
Erwachte zweimal in der Nacht, um reichlich zu urinieren, was er niemals zuvor getan hatte (...) A 12
(...) kann mich nicht erinnern, jemals vorher in meinem Leben eine Fieberblase gehabt zu haben. A 26
Lebhafte Träume und Träume mit Weinen über eine seit sieben Jahren verstorbene Person. Cl 66

9. Neue Schauplätze
Träume lebhaft und genau von neuen Schauplätzen, Orten, Büchern usw. A 27
Lebhafte und detaillierte Träume von völlig neuen Schauplätzen und Orten, nicht unangenehm, aber mit einem Gefühl von drohender Gefahr. A 27
Träume beim Mittagsschlaf, lebhaft und genau, von neuen Schauplätzen, Orten, Büchern, usw. He 37.2

10. Buch, Lesen, Schreiben
Träume beim Mittagsschlaf, lebhaft und genau, von neuen Szenen, Orten, Büchern, usw. He 37.2
Lautes Lesen während etwa zwanzig Minuten am Abend verursachte Heiserkeit und den Wunsch, abzuräuspern. A 19
Nachdem er einige Zeit geschrieben hat, konnte er wegen eines Schleiers oder Nebels vor den Augen nicht mehr deutlich sehen, mit etwas Drücken in den Augäpfeln, > beim Schliessen der Augen und leichtem Drücken darauf. Cl 11

11. Traum scheint lang zu dauern
Träumte, eine Frau in Stücke zu schneiden, wie ein Tier zum Einsalzen. Die Details sehr genau, der Traum schien lang zu dauern. A 28

12. Drohende Gefahr
Lebhafte und detaillierte Träume von völlig neuen Schauplätzen und Orten nicht unangenehm, aber mit einem Gefühl von drohender Gefahr. A 27

13. Heiserkeit nach Lachen oder lautem Lesen. Cl 48
Sehr heiser nach dem Lachen. A 18
Lautes Lesen während etwa zwanzig Minuten am Abend verursachte Heiserkeit und den Wunsch, abzuräuspern. A 19

14. Fiedelgeräusch im Kopf
Eine Art Quietschen, Überdehnen und Ziehen, wie das Geräusch einer Fiedel, was den Schlaf stark beeinträchtigt. Cl 9

15. Sehstörungen
Flimmern und Funken vor den Augen. Cl 10
Nachdem er einige Zeit geschrieben hat, konnte er wegen eines Schleiers oder Nebels vor den Augen nicht mehr deutlich sehen, mit etwas Drücken in den Augäpfeln, > beim Schliessen der Augen und leichtem Drücken darauf. Cl 11
Flecke auf der Cornea; Trübungen. Cl 12
Katarakt. Cl 3.4

16. Hörstörungen
Kalkablagerungen auf dem Trommelfell. Cl 14
Eine Art Quietschen, Überdehnen und Ziehen, wie das Geräusch einer Fiedel, was den Schlaf stark beeinträchtigt. Cl 9

17. Geruch
Reichlicher, übelriechender, dicker, grüngelber Nasenkatarrh, mit Knochenwucherungen, Cl 15

18. Schwellung
Vergrösserung oder Schwellung am Scheitelbein Neugeborener, Cl 7
Kephalhämatom. Cl 8
Harte Schwellung am Kiefer. Cl 18
Taubeneigrosse Schwellung unter dem Kiefer, sehr hart und gezackt. Cl 19
Schwellung des Ellbogengelenkes (vermehrte Synovialflüssigkeit (...) He 32.2
Schwellung am Unterschenkel einer jungen Frau (behandelt als Periostitis des Humerus); eine rauhe, harte, knöcherne Schwellung (...) He 33.1
Hydrozele. Cl 40
Eine rezidivierende fibröse Geschwulst in der Kniekehle (...) wurde so gross wie eine Faust. Das Bein war in einem Winkel von 45 Grad angezogen und das Knie wurde steif. Kt S. 263
Struma. Cl 53
Synovialschwellungen. Cl 58

19. Verhärtungen, Knoten
Kalkablagerungen auf dem Trommelfell. Cl 14
Harte Knoten in den Mammae. Cl 45
Steinharte Halsdrüsen. Cl 54
Verhärtete Halsdrüsen von einer steinernen Härte. He 31.2
Verhärtung der Hoden. He 22.1
Gelenke: Verhärtete Erweiterungen in Faszien und Kapselbändern. He 44.2

20. Knöcherne Wucherungen
Das Mittel ist besonders angezeigt bei verhärteten Drüsen, bei Verhärtungen des Zellgewebes und bei Knochenerkrankungen. Bei Knoten im Verlauf der Sehnen, bei Exostosen, bei steinharten Drüsen, bei Infiltrationen der Knochenhaut und bei Reiskörnern in den Knorpeln. Kt S. 263
Exostosen. Cl 6
Reichlicher, übelriechender, dicker, grüngelber Nasenkatarrh, mit Knochenwucherungen, Cl 15
Knotig verhärtete Testikel. Kt S. 264
Faustgrosse Exostose am Winkel der achten rechten Rippe. Cl 52
Knochenwucherung an der Schulterblatt-Kante. He 32.1
Exostosen an den Fingern. He 32.4
Schwellung am Unterschenkel einer jungen Frau (behandelt als Periostitis des Humerus); eine rauhe, harte, knöcherne Schwellung (...) He 33.1
Die Kniescheibe ist übersät mit Überbeinen, verschiedene Grösse, variierend vom Hirsekorn bis zu einer Murmel, auch an den Fuss- und Handgelenken. He 33.3

21. Ungenügender Zahnschmelz Cl 21

22. Erschwerte Atmung
Prickelndes, brennendes, erstickendes Gefühl im Hals; < nachts und durch kalte Getränke; kurzzeitig > durch warme Getränke. Cl 23
Bald nach dem Mittagessen hackender Husten jeweils in ein zwei Anfällen, durch Kitzeln im Kehlkopf verursacht, wie durch einen kleinen Fremdkörper; durch Husten nicht gebessert. Cl 50, A 21
(...) Erschwerte Atmung, als wäre die Epiglottis nahezu geschlossen oder als würde ich durch irgendeine dicke Substanz atmen, welche nur eine kleine Luftmenge in die Lungen einströmen lässt. A 24

23. Gefühl, es wolle nach aussen aufbrechen
(...) von einem scharfen anfallsartig lanzinierenden Schmerz im rechten Hypochondrium unter der elften Rippe geweckt; < beim Liegen auf der schmerzhaften Seite, so heftig, dass es ein Gefühl verursacht, als wolle es nach aussen aufbrechen; > beim Liegen auf der schmerzlosen Seite und durch Zusammenkrümmen; mit Ruhelosigkeit. Cl 28

24. Lanzinierende Schmerzen
(...) von einem scharfen anfallsartig lanzinierenden Schmerz im rechten Hypochondrium unter der elften Rippe geweckt (...) Cl 28
Um 8 Uhr häufige Anfälle von lanzinierendem Schmerz in der Lebergegend; < im Sitzen; > beim Herumgehen. Cl 29

25. Fahren
Einige Tage lang viel Wind in den unteren Därmen, < beim Fahren und gegen Abend, > nachts nach dem Hinlegen. Cl 30
Müdes Drücken im Kreuz, wie nach einer langen Fahrt, war aber nicht weit gefahren; kann in keiner Lage Erleichterung finden; mit körperlicher Ruhelosigkeit, muss herumgehen. Cl 56, A 23
Müdes Drücken im Kreuz wie nach einer langen Fahrt, aber war nicht weit gefahren. Kann in keiner Lage sitzen, um den Rücken zu entlasten. A 23

26. Müdigkeit mit Ruhelosigkeit
Am Nachmittag viel Schmerz und müdes Drücken im unteren Rückenteil mit körperlicher Ruhelosigkeit, muss umhergehen. A 22
Müdes Ziehen im Rücken, mit Ruhelosigkeit. A 22
Müdes Drücken im Kreuz, wie nach einer langen Fahrt, war aber nicht weit gefahren; kann in keiner Lage Erleichterung finden; mit körperlicher Ruhelosigkeit, muss herumgehen. Cl 56, A 23
Müdes Drücken im Kreuz wie nach einer langen Fahrt, aber war nicht weit gefahren. Kann in keiner Lage sitzen, um den Rücken zu entlasten. A 23
Schwäche am Morgen. Gefühl von Müdigkeit jeden Tag. Ph S. 131

27. Ohnmachtsartige Übelkeit
Dumpfer Kopfschmerz am ganzen Kopf, mit ohnmachtsartiger Übelkeit (...) Cl 5

28. Jucken am Anus
Erwacht nachts durch Jucken des Anus von Madenwürmern, hat es seit der Kindheit nicht so heftig gespürt und auch sonst sehr selten. Cl 33
Gleich nach dem Jucken am Anus, Jucken und Prickeln im Larynx, einen krampfhaften Husten auslösend, der nach ein paar Stunden erleichtert wurde durch Abräuspern von wenig Schleim aus dem Larynx. He 25.4

MIASMATISCHE DYNAMIK — SEKUNDÄRE PSORA


In der sekundärpsorischen Phase können wir uns Calcium fluoricum als einen Menschen vorstellen, der ängstlich in Unbeweglichkeit verharrt, um Neuerungen, Risiken, Entwicklungen zu vermeiden. Er ist unentschlossen selbst einfachen Entscheidungen gegenüber, kann nichts anpacken, seine deutlichsten Ängste drehen sich um Geld und die Furcht zu verarmen. Die ganze Grundstimmung ist düster, er wird geplagt von trüben Erinnerungen.

MIASMATISCHE DYNAMIK — TERTIÄRE PSORA


Egotrophie
In der Egotrophie könnte dieser Mensch seine Not in der Art kompensieren, dass er sich auf alles Neue stürzt und allein dieses kultiviert. Er würde in dem Fall nichts aufheben, sich an nichts erinnern wollen, seinen Körper schonungslos verbrauchen in jedem Abenteuer, das neue Reize verspricht. In der Wiederholung der ursprünglichen Schuld hingegen wäre das "Einsalzen der Frauenleiche" immer noch sein zentrales Anliegen, er würde jedes Älterwerden, Tod und Vergänglichkeit mit Entschiedenheit leugnen, vielleicht eine Art Körperkult betreiben, um den Körper gesund und jung zu erhalten.
Es wäre auch denkbar, dass er das Konservieren in irgendeiner Art zu seinem Beruf oder seinem Herzensanliegen macht.

Egolyse
In der egolytischen Phase würde Calcium fluoricum resignieren vor dem ständigen Wandel, den das Leben bedeutet: durch Versteifung und Verknöcherung der Bewegungs- und Sinnesorgane — z.B. durch die Verkalkung des Trommelfells — sowie der Drüsen. Seine morbide Niedergeschlagenheit könnte durch nichts mehr aufgehellt werden, er würde ohne Austausch mit der Umwelt leben.

Alterolyse
Hass gegen alle Faktoren des Wandels, gegen alles, was ihn in Bewegung versetzt, ihn zu verändern droht.

LEITMOTIV — PRIMÄRE PSORA


Im Zentrum der Pathologie von Calcium fluoricum steht das Problem der Veränderlichkeit: er träumt, eine Frauenleiche zu zerschneiden, um sie wie ein Tier zum Einsalzen vorzubereiten. Dies verrät, dass er etwas an sich Vergängliches in einen Zustand der Unvergänglichkeit, der Unwandelbarkeit versetzen möchte.
Die Problematik dreht sich um Veränderung. Calcium fluoricum möchte den materiellen Ist-Zustand konservieren und lehnt Wandel, Bewegung, Anpassung an äussere Gegebenheiten, neue Situationen ab. Ein spezieller Aspekt liegt dabei auf der Veränderung und Vergänglichkeit des menschlichen Körpers.

Transzendenter Wert
Laut Thomas von Aquin ist es eine der ersten Eigenschaften Gottes, unwandelbar, d.h. unveränderlich und unbeweglich zu sein. Etwas zu verändern oder sich von etwas verändern zu lassen, setzt eine Kette von Möglichkeiten (Potenzen) und Tätigkeiten (Akten) in Gang, man könnte auch sagen von Ursachen und Wirkungen oder von Bewirkendem und Bewirktem. Jede zuletzt festgestellte Wirkung muss eine vorhergehende Ursache oder etwas Bewegendes offenbaren. Wenn man diese Kette zurückverfolgt, gelangt man schliesslich zu einem "ersten Beweger", zu Gott. Die Bewegung (in ihrem weiten Sinn von Ortsveränderung, qualitativer und quantitativer Veränderung und von Entwicklung des Geistes) ist somit ein Faktor, der für Thomas von Aquin einen Gottesbeweis darzustellen vermag.

Menschliche Daseinsbedingung
Der Mensch ist in seinem körperlichen Dasein unübersehbar dem Wandel und der Vergänglichkeit unterworfen. Er ist eingespannt zwischen Vergangenheit und Zukunft, ist in steter Entwicklung, immer in Bewegung und innerlich sein Leben lang befasst mit der Frage nach Werden und Vergehen. Dieses Geschehen von Bewegung und Veränderung lehnt Calcium fluoricum ab, es möchte selber unwandelbar und unveränderlich sein.

Kerne

Schuld
Calcium fluoricum möchte selbst unwandelbar sein, und zwar nicht allein in seiner seelischen, sondern auch in seiner körperlichen Existenz. Es will sich nicht den menschlichen Bedingungen von Werden und Vergehen unterziehen.

Verlust
Wegen der Ablehnung des Verändert- und Bewegtwerdens verliert Calcium fluoricum seine Entschlusskraft, es kann nicht mehr von der Möglichkeit (Potenz) zur Tat (zum Akt) übergehen, es unternimmt nur noch erfolglose Versuche, Verschiedenes zu tun. Dieser Verlust reicht bis in die Körperlichkeit hinein, wo Verknöcherung der Bewegungs- und Sinnesorgane sein Tätigwerden verhindern. Auch die Drüsen sind verkalkt, sie sind Organe der Adaptation an die Bedingungen des Lebens, wenn sie verhärtet sind, ist die Lebensanpassung unmöglich.
Da die Umwelt nicht als bewegender Faktor akzeptiert wird, kommt es zum Verlust der Kontaktmöglichkeit mit ihr: Sehen, Hören und Geruch sind beeinträchtigt.
Calcium fluoricum verliert darüber hinaus das korrekte Empfinden in der Zeit: längst Vergangenes erregt ebenso wie Zukünftiges unangemessen lebhafte Emotionen.
Schliesslich verliert es auch seine Heiterkeit, es blickt den ganzen Tag auf die dunkle Seite der Dinge oder wird heiser beim Lachen.

Strafe
Die Furcht vor Strafe bezieht sich bei Calcium fluoricum in allen Punkten auf die Veränderlichkeit. Da es diese ablehnt, wird es durch all ihre Manifestationen negativ angerührt: die Zukunft birgt lauter drohende Neuheiten, die Vergangenheit erinnert unliebsam daran, dass Leben und Tod Ausdrücke des Wandels sind. Körperliche Symptome erinnern in ihren Schmerzarten oder durch die Lokalisationen an die menschliche Notwendigkeit von Anpassung und Wandel, beim Geburtsdurchtritt entsteht z.B. ein Kephalhämatom.

Sehnsucht
Calcium fluoricum sehnt sich nach der Unvergänglichkeit des Materiellen und salzt daher im Traum eine Frauenleiche ein.

INTERPRETATION einzelner Themen oder Symptome


Fiedelgeräusch im Kopf (Thema 14)
Eine mecklenburgische Sage erzählt, dass einst bei einer Hochzeit bis um Mitternacht getanzt und dabei freventlich über die Toten gespottet wurde. Wie die Musikanten aufhörten zu spielen, hörte man die Musik weiterklingen, aber in fürchterlichen Misstönen; oben in einer Tanne hockte der Teufel und strich die Geige; davon erwachten die Toten, erhoben sich aus ihren Gräbern und begannen einen wirbelnden Knochentanz. (...) In mehreren Sagen schwebt der Tod die Geige spielend dem Totenvolk voraus. (...) Fordert man leichtsinnig von einem geigenden Gespenst einen Tanz, kann dauernde Lahmheit die Folge sein. (HdA) Der symbolische Zusammenhang von Tod und Fiedelgeräusch ist also ebenso gegeben wie derjenige mit der Bewegungslosigkeit.

Geld (Thema 3)
Obwohl die Furcht zu verarmen als die allgemeine Unsicherheit von Calcium fluoricum gegenüber der ungewissen Zukunft verstanden werden kann, lohnt sich doch auch noch ein Blick auf die symbolische Bedeutung des Geldes. C.G.Jung weist nach, dass der in der Höhle hausende Drache (ein Bild für die verschlingende Mutter oder für den Tod) zuerst durch ein Menschenopfer, später durch Naturalgaben, noch später durch den Obolus, also eine Geldgabe beschwichtigt werden muss. Aus der Drachenhöhle wird so mit der Zeit ein Hort, in den Geld geworfen wird, ein Opferstock im Tempel. Fürchtet Calcium fluoricum, eines Tages nicht mehr genug Geld zu haben, um sein leibliches Verschlungenwerden durch den Tod verhindern zu können?

Buch, Lesen, Schreiben (Thema 10)
Schon die Vorstellung von einem neuen Buch, ebenso wie das Lesen und Schreiben beeinträchtigen Calcium fluoricum (es fühlt drohende Gefahr, wird heiser oder sieht nur noch durch einen Nebel), weil zur Bewegung, wie Thomas von Aquin sie definiert, auch die Entwicklung des Geistes gehört. Da Calcium fluoricum sowohl körperlich als auch seelisch unwandelbar sein möchte, lehnt es diese Entwicklung ab.

Ungenügender Zahnschmelz (Thema 21)
Die Zähne dienen dem "sich Einverleiben von Welt", der Nahrungsaufnahme. Da Calcium fluoricum es ablehnt, sich mit Neuem zu befassen, will es auch nicht zubeissen, anpacken, aufnehmen, die Zähne bleiben schwach und sind dem Zerfall preisgegeben.

Erschwerte Atmung, (Thema 22)
Die Epiglottis ist wie verschlossen, er leidet an Erstickungsgefühlen, atmet wie durch eine dicke Substanz, d.h. der Atem als eigentlicher Lebensrhythmus wird abgelehnt.

Lanzinierende Schmerzen und Gefühl, es wolle nach aussen aufbrechen (Themen 23 und 24)
Es gibt von innen nach aussen wie auch umgekehrt die Empfindung, dass die Panzerung und Verknöcherung wieder aufgebrochen werden müsste. In dem Sinn stellt die Schmerzqualität eine Erinnerung an einen durchlässigeren Zustand dar.

ANDERE HYPOTHESEN


Die vorliegende Hypothese stützt sich auf das Diskussionsprotokoll der AFADH von 1990.

DIFFERENTIALDIAGNOSE


Kreosotum
Auch bei Kreosotum besteht das Problem der langen Zeitdauer, es möchte nicht auf menschliche Art, d.h. nur über Wachstum, Ernährung und Fortpflanzung Dauer haben, es lehnt die Verderblichkeit des Körpers ebenso ab wie Calcium fluoricum. Allerdings zeigt sich bei Kreosotum deutlich ein Aspekt der Liebe, der Sexualität als verändernder Faktor im menschlichen Leben. Diese Schattierung ist bei Calcium fluoricum in den bisherigen Prüfungen nicht so deutlich aufgetreten.

THOMAS VON AQUIN


"Der Gottesbeweis — die fünf Wege:
Der erste Weg geht von der Bewegung aus. Man (...) meint mit ihr nicht nur die Ortsveränderungen, sondern auch die qualitativen Veränderungen und die Vermehrung und Verminderung, (...) sogar jene Veränderungen, die nicht im eigentlichen Sinne Bewegungen sind, sondern etwas ihnen Ähnliches, wie die Entwicklungen des Geistes (...) Es gibt Bewegung, das bestätigt die Erfahrung. (...) Es gibt Veränderung. Nun ändert sich alles, was sich ändert, kraft der Einwirkung eines von ihm selbst verschiedenen Etwas (...). Denn was heisst Verändern? Es heisst, ein Vermögen wirklich ausüven; es heisst, von der Potenz zum Akt übergehn. Nun vermag nichts diesen Übergang aus sich selbst zu vollziehn. Wenn man von einigen Wesen sagen kann, dass sie sich selbst bewegen, dann handelt es sich dabei um zusammengesetzte Wesen, bei denen die Sache so liegt, dass irgend etwas in ihnen das Übrige bewegt, oder dass sie in einer Hinsicht sich bewegen, in einer andern bewegt werden (...) Wenn wir nun Bewegung beobachten, so muss in jedem einzelnen Fall die letzte festgestellte Wirkung eine vorhergehende Tätigkeit offenbaren, das heisst vorhergehend nicht in der Zeit, aber in der Ordnung der Bedingtheit. Und diese vorhergehende Tätigkeit stellt wieder dasselbe Problem. Wenn sie aus einer Quelle hervorgeht, die nur insoweit bewegt, als sie selber bewegt ist, und deren ganze Tätigkeit darin besteht, mit ihrer eigenen Bewegung ein anderes «anzustecken», so muss man sich fragen woher sie denn ihre Bewegung hat. Hat sie sie von einem selbst wieder bedingten Beweger, so wird für diese Bewegung wiedeer eine Bedingung gefordert und so ohne Ende. Doch das «ohne Ende» erklärt nichts, weil es eben nichts ist; es ist ein Unbestimmtes, ein Nichtgesetztes und insofern ein Nichts. «Man kann hier nicht ins Unendliche zurückgreifen, weil es dann keinen ersten Beweger gäbe und folglich auch keinen andern Beweger, da alle nicht ersten Beweger sich auf Grund und der Annahme nur dann bewegen, wenn sie bewegt sind. Man muss also zu einem Ersten kommen, das durch kein adneres bewegt ist, und jedermann begreift, dass dies Gott ist.» (Ser S. 197 ff.)
Zur Vergänglichkeit des menschlichen Körpers:
"Der Leib ist seiner Natur nach der Zerstörung unterworfen. Dies gilt an sich auch vom Urmenschen, dem das Nichtsterbenmüssen nur als übernatürliches Gnadengeschenk verliehen war, nämlich als die nicht natürliche Kraft der Seele, dem Körper sich unauflöslich verbunden zu halten. Durch den Sündenfall verfiel der Mensch der Naturnotwendigkeit des Todes: die Seele war nicht mehr imstande, dem Körper für immer das Leben zu spenden." ST I 49.2

QUELLEN


Autor: Susanne Studer, Materia Medica Homoeopathica – revidiert nach Dr. Alfonso Masi-Elizalde

A Allen T.F., The Encyclopedia of pure Materia Medica, New Delhi 1988, Band 10
Cl Der Neue Clarke, Band 2, Bielefeld 1991
He Hering Constantin, The Guiding Symptoms of our Materia Medica, New Delhi 1989, Band 3
Kt Kent, James T., Kents Arzneimittelbilder, Heidelberg 1988
ST Thomas von Aquino, Summe der Theologie, Hrsg. von Joseph Bernhart, Stuttgart 1985
Ser Sertillanges, A.D., Der heilige Thomas von Aquin, Köln und Olten, 1954
HdA Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Berlin, New York 1987, Jung, C.G., Symbole der Wandlung, Band 5 der Gesammelten Werke, Walter Olten 1991
Bild Esther Ostermünchner